Vitamine

Vitamin B6 – Nutzen, Mangel und Nebenwirkungen

Informationen aus der Naturheilpraxis René Gräber

René Gräber
René Gräber

Unter den B-Vitaminen fristet das B6 ein gewisses Schattendasein. B12, Folsäure, Niacin werden mehr beachtet. Zu Unrecht. Denn der Vitalstoff wird für den Auf- und Umbau von Aminosäuren gebraucht und damit für die Protein-Synthese.

Beispielsweise wird Hämoglobin nur mithilfe von Vitamin B6 gebildet. Wichtig ist der Vitalstoff auch für das Immun- und Nervensystem sowie den Hormonstoffwechsel. Ein erwachsener Mensch braucht zwischen 1,6 mg und 1,8 mg Vitamin B6 täglich. Der Bedarf ist erhöht, wenn große Mengen Protein verzehrt werden.

Doch eins nach dem anderen.

Der Begriff „Vitamin B6” ist ein Sammelbegriff für drei fast identische chemische Verbindungen, die allerdings biologisch nicht direkt als Vitamin aktiv sind, sondern eine Vorläufersubstanz für das aktive Vitamin B6 darstellen.

Diese Pro-Vitamine sind PyridoxinPyridoxal und Pyridoxamin. Ihre Ähnlichkeit ist so groß, dass sie vom Stoffwechsel ineinander übergeführt werden können.

Die aktive Form des Vitamin B6 ist das Pyridoxalphosphat:

Pyridoxin / Pyridoxol

Pyridoxin wird auch Pyridoxol (Endung: – ol) genannt und ist ein organischer Alkohol des Vitamin B6.

Geschichte und Entdeckung

Paul György entdeckte 1934 die Substanz, die dann erstmalig 1939 „nachgebaut“ werden konnte. Die physiologische Funktion von Pyridoxin liegt in der Ausbalancierung des Natrium-Kalium-Haushalts des Organismus. Weiterhin hilft die Substanz bei der Produktion von roten Blutkörperchen.

Eine hohe bzw. ausreichende Konzentration von Pyridoxin wird in Verbindung gebracht mit einem positiven Einfluss auf die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems, da die Substanz Homocystein-Spiegel senken kann bzw. seine Formation unterbinden kann.

Pyridoxin kann ebenso bei der Balance von hormonellen Veränderungen bei Frauen von Nutzen sein. Des Weiteren scheint es eine unterstützende Wirkung auf das Immunsystem auszuüben.

Ein Mangel ist häufig verbunden mit Anämien, Nervenschädigungen, Krampfanfällen, Hautproblemen und wunden Mundschleimhäute.

Pyridoxin wird benötigt für die Produktion von Serotonin, Dopamin, Norepinephrin und Epinephrin. Dies erfolgt allerdings über den „Umweg“ der Transformation zu Pyridoxalphosphat, der aktiven Form des Vitamin B6.

Dies dient dann als Kofaktor für die Aromatische-Aminosäure-Decarboxylase. Dieses Enzym bewirkt die Umwandlung der Vorläufer-Substanz 5-Hydoxytryptophan zu Serotonin und Levodopa zu Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin.

Von daher gibt es Empfehlungen bzw. Überlegungen, Pyridoxin bei der Behandlung von Depressionen und Unruhezuständen zum Einsatz zu bringen. In Kombination mit den Vitaminen B1B2B9 und B12 wurden schon Erfolge bei der Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen erzielt. Die Gefahren durch Überdosierungen müssen hier allerdings stärker berücksichtigt werden.

Pyridoxin kommt in fast allen Lebensmitteln vor, tierischer und pflanzlicher Natur.

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Pyridoxin in der Nahrung

Gute Quellen sind Eier, Milchprodukte, Leber, Schweinefleisch, Fisch, Geflügel, Bohnen, Kohl, Feldsalat, Kartoffeln, Vollkornprodukte, Weizenkeime, Nüsse, Weißbier, Hefe, Avocado, Bananen etc.

Medikamentös wird Pyridoxin oft in Kombination mit Isoniazid gegeben.

Es dient dazu, die toxischen Effekte von Isoniazid zu unterbinden. Isoniazid wird bei der Behandlung von Tuberkulose und Depression eingesetzt und hat eine Reihe von Nebenwirkungen, wovon Lebertoxizität eine der Gravierendsten ist.

Aber auch periphere Neuropathien und ZNS-Effekte treten bei einer Isoniazid Behandlung auf und sind in einem gewissen Grad mit Pyridoxin günstig zu beeinflussen.

Es wird auch bei Patienten mit der extrem seltenen Form der Pyridoxin-abhängigen Epilepsie eingesetzt, die von einer genetischen Mutation ausgelöst wird.

Pyridoxal

Pyridoxal ist das Aldehyd (Endung: -al) des Vitamin B6. Es kommt vor allem in grünen Pflanzen vor.

Ein Mangel kann, wie das Pyridoxin, zu Epilepsien und Krampfanfällen führen.

Pyridoxal wird ebenfalls in die aktive B6–Form umgewandelt, das Pyridoxal-5-Phosphat.

Pyridoxamin

Als „Dritter im Bunde“ gilt das Pyridoxamin, eine Amino-Form des Vitamin B6. Auch diese Substanz gilt als eine Precursor-Substanz des aktiven Vitamin B6.

In Nahrungsmitteln wird Pyridoxamin für gewöhnlich in Form eines Phosphat-Derivats gefunden, das dann von Phosphatasen des Gastrointestinaltrakts hydrolysiert wird zu Pyridoxamin. Im Jejunum wird dann das Pyridoxamin resorbiert. Das resorbierte Pyridoxamin wird dann von der Pyridoxalkinase zu Pyridoxamin-5-Phosphat umgewandelt.

Die Pyridoxamin-Phosphat-Transaminase oder die Pyridoxin-5-Phosphat-Oxidase bewirken dann eine Umwandlung der Zwischensubstanz zu Pyridoxal-5-Phosphat. Pyridoxamin unterscheidet sich vom Pyridoxin und Pyridoxal durch die Aminogruppe am C4-Atom.

An der gleichen Stelle haben Pyridoxin und Pyridoxal eine Alkohol- bzw. Aldehyd-Gruppe substituiert.

Der Grundbaustein der Substanzen, der Pyridin-Ring, ist identisch und macht somit den engen Verwandtschaftsgrad der Substanzen aus. Pyridoxamin ist in der Lage, schwache Verbindungen mit einer Reihe von Metall-Ionen einzugehen, mit Vorlieben für Kupfer- und Eisen-Ionen.

Die Hydroxyl-Gruppe gibt der Substanz die Fähigkeit als potenter Radikalenfänger und damit Entgifter.

Pyridoxamin blockiert die Maillard Reaktion. Diese Reaktion ist eine nicht-enzymatische Bräunungsreaktion, bei der Aminosäuren und reduzierende Zuckermoleküle unter Hitze neue Verbindungen eingehen.

Außerdem kann Pyridoxamin die Formierung von Glykierungs-Endprodukten verhindern. Dies ist von besonderer Bedeutung in Verbindung mit Komplikationen beim Diabetes.

In einer Reihe von vorklinischen Studien mit Tieren und Diabetes zeigte Pyridoxamin eine Verbesserung der Nierenhistologie (Gewebestruktur der Niere), die vergleichbar oder sogar noch besser ausfiel als bei einer Amino-Guanidin-Gabe. Aufgrund dieser Resultate wurde die Substanz für den klinischen Gebrauch zur Behandlung der diabetischen Nephropathie untersucht.

Pyridoxamin inhibiert ebenfalls die Formation von Lipidoxidation-Endprodukten bei Lipidperoxidationsvorgängen. Auch aus dieser Sicht ist die Substanz interessant für eine Behandlung von Nephropathien und Retinopathien in Verbindung mit Diabetes und Nierensteinformation.

In einer weiteren Studie zeigte sich Pyridoxamin als deutlich effektiver beim Schutz vor ionisierenden Strahlen, die die Apoptose bei gastrointestinalem Epithel (strahlungsbedingtes Absterben von Darmschleimhautzellen) auslösten, im Vergleich zu Amifostin.

Diese Wirkungen beruhen auf der ausgesprochen starken Fähigkeit von Pyridoxamin, auftretende freie Radikale und unphysiologische Lipidoxidation abzufangen und zu neutralisieren. Amifostin ist derzeitig die einzige von der FDA zugelassene Strahlenschutzmedikation.

Marketing und juristischer Budenzauber um Pyridoxamin

Da die Substanz als Nahrungsergänzungsmittel gehandelt wird, oft in Form eines Salzes (Pyridoxamin Dihydrochlorid), sollte man annehmen können, dass die Substanz als Produkt der Natur keinen rechtlichen Reglementierungen unterworfen ist.

In den USA allerdings scheint man der Natur nicht viel Respekt entgegenzubringen, wenn es um Profite geht. Die FDA bestimmte im Januar 2009, dass Pyridoxamin ein medizinisches Produkt ist, ein Medikament also, weil es ein aktiver Bestandteil von Pyridorin sei, ein Medikament, dass von Biostratum Inc. für die Behandlung von diabetischen Nephropathien „entwickelt“ worden ist.

Das Patent auf Pyridorin wurde 2004 ausgestellt. In klinischen Studien konnte das Medikament eindrucksvoll zeigen, dass es bei diabetischen Nephropathien höchst wirksam ist.

Als die Marketingexperten dann feststellten, dass Pyridoxamin ein Nahrungsergänzungsmittel ist, dass überall frei verkäuflich ist, wurden die klinischen Tests gestoppt.

Biostratum versuchte daraufhin ein „Pyridoxamin-Verbot“ für Nahrungsergänzungsmittel zu erwirken, das sie dann Anfang Januar mit Hilfe der FDA erfolgreich durchsetzen konnten. Ab diesem Datum gelten alle Pyridoxamine als Medikamente und bedürfen der Registrierung bei der FDA.

Diese erläuterte, dass Pyridorin eine „Versuchsmedikation“ sei und dass ein Vertrieb von Pyridoxamin-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln dem Vertrieb von einem Medikament gleichkommt.

Und warum wird aus einer natürlichen Substanz urplötzlich ein pharmazeutisch-pharmakologisches Präparat?

Weil es keinen unabhängigen und verifizierbaren Beweis gab, dass die Substanz als Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel vermarktet worden ist vor der Autorisierung zur Zulassung als neues Medikament.

Oder mit anderen Worten: Es wird Pyridoxamin konsumiert seit Generationen durch den Genuss von Fleisch, Fisch, Gemüsen etc. Da aber keiner weiß, dass er die Substanz konsumiert, indem er oder sie sich natürlich ernährt, gibt es ein Recht der Pharmaindustrie auf Patentierung natürlicher Ressourcen.

Damit ist der erste Schritt getan, vitale Nährstoffe zu monopolisieren und eines Tages von der Erde zu verbannen, damit es monopolisierte Quellen gibt, die das alleinige Recht haben, Vitamine (= zum Leben unerlässliche Stoffe) zu verkaufen!

In einem solchen Szenario wird dann selbst die Luft zum Atmen aus Automaten kommen, die jeden Einzelnen von neuen, allzu irdischen „Göttern“ abhängig machen wird…

Pyridoxalphosphat = Vitamin B6

Pyridoxalphosphat ist die eigentliche aktive Form des Vitamin B6.

Es bildet eine prosthetische Gruppe (biologisch oder biochemisch aktiver Bestandteil einer chemischen Verbindung) für eine Reihe von Enzymen.

Pyridoxalphosphat wirkt als Koenzym bei allen Transaminierungs-Vorgängen und bei einigen Decarboxylierungsvorgängen, sowie Desaminierungsreaktionen von Aminosäuren.

Zusätzlich wird Pyridoxalphosphat als Aminotransferase bzw. Transaminase benutzt, die mit seltenen Zuckerformationen reagiert, wie z.B. Perosamin oder Desosamin. Wie bereits erwähnt, katalysiert Pyridoxalphosphat die Umwandlung von Dopa zu Dopamin, Histidin zu Histamin und Glutamat zu GABA.

Es ist auch in der Leber wirksam, wo es an der Glykogenolyse beteiligt ist, die Glykogen aufbricht zu Glukose. Dieser Vorgang wird initiiert durch Glukagon oder Epinephrin.

Die Liste der Enzyme, auf die Pyridoxalphosphat einen Einfluss nimmt, ist fast endlos. Vitamin B6 kann in einer Reihe von Applikationsformen angeboten werden.

Oral wird es als Tablette, Kapsel oder Saft angeboten. Aber auch nasale Sprays sind im Handel oder als Injektionen.

Vitamin B6 gilt als sicher, dennoch gibt es auch da Diskussionen.

Folgen des Mangels an Vitaminen der B6-Gruppe

Bei gesunden Menschen und bei normaler Ernährung treten keine Mangelsymptome auf, weil der Bedarf aus Lebensmitteln ohne Weiteres gedeckt wird. Eine Fehl- oder Mangelernährung jedoch kann zur Hypovitaminose führen.

Dann sind die Lebensumstände Ursache. Auch verschiedene Darmkrankheiten können die Ursache sein, weil die Vitalstoffe nicht mehr ausreichend aufgenommen werden.

Bei suchtbedingtem Alkohol-Abusus spielen beide Faktoren zusammen, da nicht nur die Darmschleimhaut angegriffen ist, sondern oft gleichzeitig keine geregelte Nahrungsaufnahme mehr erfolgt. Ein Vitamin-B-6-Mangel tritt auch bei Krankheiten auf, bei denen der Bedarf erhöht ist.

Dies ist nicht unbedingt nur die Folge der Erkrankung selber, sondern eine Nebenwirkung von Medikamenten. Infrage kommen hier Patienten mit Tuberkulose, Krebs oder Rheuma. Zu berücksichtigen ist auch, dass Schwangere mehr Vitamin B6 brauchen, weswegen eine Hypovitaminose wahrscheinlicher ist.

Die Symptome zeigen sich zuerst an entzündlichen Haut-Läsionen, besonders im Bereich der Augen, des Mundes und der Nase. Typisch sind Risse in den Mundwinkeln, die sogenannten „Mundwinkel-Rhagaden“.

Babys und Kleinkinder leiden an Beeinträchtigungen der Mobilität sowie Zittern und Krämpfen. Zudem steigt der Homocystein-Spiegel an, wodurch die Blutgefäße geschädigt werden können. Damit wächst auch die Gefahr von Thrombosen.

Öfter als die echte Hypovitaminose kommt der diskrete Mangel vor. Dabei ist die körperliche und mentale Leistungskapazität eingeschränkt und das Immunsystem geschwächt.

Der Arzt stellt im Patienten-Gespräch die erste Verdachts-Diagnose. Mit Untersuchungen des Blutes und des Urins kann der Vitamin-B6-Mangel nachgewiesen werden.

Die erste Intervention sind medikamentöse Gaben des Vitamins, jedoch müssen auch die Ursachen gefunden werden. Gegebenenfalls müssen Grunderkrankungen behandelt werden, die zu den Mangelerscheinungen geführt haben. Oft reicht aber die Umstellung auf eine bessere Ernährung.

Nebenwirkungen

Es können problemlos 200 mg pro Tag eingenommen werden ohne Nebenwirkungen. Allerdings sind neurologische Probleme, wie Gefühlsverlust in den Beinen und Gleichgewichtsstörungen, beobachtet worden, wenn die 200 mg Marke überschritten worden ist.

Dies erfolgt anscheinend aber erst nach einer längeren Einnahmedauer und nicht innerhalb weniger Tage.

Toxische Reaktionen sind bei längerfristigen überhöhten Applikationen beobachtet worden, die sich in Schädigungen der sensorischen Nerven äußerten, aber auch in Taubheitsgefühl von Händen und Füßen.

Weitere Nebenwirkungen einer überhöhten Dosierung sind Mängel in der Bewegungskoordination, Müdigkeit, Stottern, Gefühlsverlust bei Berührung, Temperaturerhöhung und Vibration. Hinzutreten können Herzrasen und Durchblutungsstörungen.

Das Internet und seine Warnungen

Seit geraumer Zeit geistern eine Reihe von Beiträgen im Internet umher, die eindringlich vor den Nebenwirkungen einer Supplementierung mit Vitamin B6 warnen. Ich erspare mir lieber diese “Quellen” hier alle aufzulisten. Die allermeisten sind erst gar nicht den Link wert…

Wie ich es bereits weiter oben erwähnte: die beschriebenen Nebenwirkungen treten erst nach der Einnahme von „Überdosierungen“ oder sogenannten „Mega-Dosierungen“ auf.

Dabei handelt es sich um Dosierungen von 500 mg täglich und mehr und das über einen längeren Zeitraum. Besonders häufig scheinen sich diese Nebenwirkungen einzustellen, wenn es sich um Pyridoxin handelt, und weniger bei den beiden anderen Derivaten.

Die dabei beschriebenen Nebenwirkungen können von leichter Natur sein bis hin zu manifesten Schädigungen. Beschrieben werden Kopfschmerzen, Gereiztheit und Fatigue. Bei schwereren Verlaufsformen können sich Depressionen einstellen.

Andere neurologisch bedingte Schäden sind Nervenschädigungen und Beeinträchtigungen neurologischer Funktionen, die bis zu einem Gefühlsverlust in den Beinen reichen können. Andere Nebenwirkungen aus diesem Bereich sind Taubheitsgefühl in Händen und Füßen, Gleichgewichtsstörungen, Verlust der Tastfähigkeit, Schwierigkeiten beim Laufen etc.

Eine andere Nebenwirkung ist der Verlust des Gefühls für Vibrationen und Temperatur (Verbrennungsgefahr).

Es ist selbstredend, dass beim Auftreten einer oder mehrerer dieser Anzeichen die Zufuhr von Vitamin-B6-Nahrungsergänzungsmitteln sofort unterbrochen werden muss. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann im Labor einen Bluttest machen lassen, der den Vitamin-B6-Spiegel bestimmt.

Es stellt sich natürlich sofort die Frage, warum eine so hohe Dosierung des Vitamins Nebenwirkungen erzeugt, die dem eines Vitaminmangels nicht unähnlich sind?

Und welcher Mechanismus ist dafür verantwortlich, dass hohe Konzentrationen an Vitamin B6 zu diesen Schäden führen?

Und wer ist hier dieser Übeltäter – Pyridoxin, Pyridoxal oder Pyridoxamin?

Zu viel B6 ist kein B6

Eine im Juli 2017 erschienene Studie aus den Niederlanden erklärt, warum Megadosen von Vitamin B6 zu so ungünstigen Nebenwirkungen führen:
The vitamin B6 paradox: Supplementation with high concentrations of pyridoxine leads to decreased vitamin B6 function.

Wir erfahren hier, dass das Vitamin B6 ein wasserlösliches Vitamin ist. Dies gibt Grund zu der Annahme, dass das Vitamin primär über die Niere ausgeschieden wird, was unter Umständen relevant werden kann bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen (Pyridoxine (vitamin B6) toxicity: enhancement by uremia in rats.) . Eine Störung der Ausscheidung kann somit zu höheren Plasmaspiegeln  führen, auch wenn keine Megadosen im Spiel sind.

Wir erfahren weiter, dass seit 2014 mehr als 50 Fälle bekannt geworden sind, bei denen unter einer Supplementierung mit Vitamin B6 neuronal bedingte Empfindungsstörungen berichtet worden sind. Bis heute aber gibt es keine Erklärung für dieses toxische Phänomen.

Die Autoren hatten, um dies zu erklären, Zellkulturen (maligne Zellen aus dem Knochenmark und Darmkrebszellen) Pyridoxin, Pyridoxamin, Pyridoxal und Pyridoxamin-Phosphat (das aktive Vitamin B6) ausgesetzt.

Resultate: Es zeigte sich, dass Pyridoxin in Abhängigkeit von seiner Konzentration zum Zelltod der Knochenmarkzellen führte, während Pyridoxamin, Pyridoxal und Pyridoxamin-Phosphat keinen Einfluss zeigten.

Pyridoxin erhöhte signifikant die zellulären Mechanismen, die zu einer Zell-Apoptose führten. Eine weitere wichtige Beobachtung war, dass die Enzyme, die zur Bildung von Pyridoxamin-Phosphat notwendig sind, von Pyridoxin in ihrer Wirkung blockiert werden.

Die Autoren schlossen daraus, dass Neuropathien unter einer hohen Dosierung von Vitamin-B6-Supplementen auf der kontraproduktiven Wirkung von Pyridoxin beruhen, welches die Bildung von aktivem Vitamin B6 blockiert, und somit die Symptome eines Vitamin-B6-Mangels provoziert.

Dies erklärt, warum die Nebenwirkungen bei Megadosierungen erst nach einem längeren Einsatz von Vitamin B6 auftreten, ganz im Gegensatz zu akuten toxischen Ereignissen, die unmittelbar nach der Einnahme einer toxischen Substanz effektiv werden.

Denn mit der Einnahme von Megadosierungen erreicht man das komplette Gegenteil dessen, was man erreichen will: Statt einer ausreichenden Versorgung und besser mit Vitamin B6 bewirkt die Überdosierung einen Vitamin-B6-Mangel, dessen Auswirkungen sich erst nach einem längeren Zeitraum bemerkbar machen.

Die „magische Grenze“ scheint der bereits empfohlene Wert von 200 mg pro Tag zu sein. Allerdings macht eine ausgeglichene und abwechslungsreiche Ernährung mit organischen Nahrungsmitteln eine Supplementierung meist überflüssig, da, wie oben bereits beschrieben, eine Vielzahl an Nahrungsmitteln dieses Vitamin in physiologischen Mengen enthalten.

Die tägliche Mindestmenge von 1,2 bis 1,5 mg wird schon mit 200 g vollwertigem Reis oder 100 g Vollkornhafer zugeführt.

Weiterführende Literatur und Quellen:

  • Voziyan PA, Hudson BG (2005). “Pyridoxamine as a multifunctional pharmaceutical: targeting pathogenic glycation and oxidative damage”. Cell. Mol. Life Sci. 62 (15): 1671–81
  • Ahmed N, Thornalley PJ (2007). “Advanced glycation endproducts: what is their relevance to diabetic complications?”. Diabetes Obes Metab 9 (3): 233–45
  • Voziyan PA, Hudson BG (2005). “Pyridoxamine: the many virtues of a maillard reaction inhibitor”. Ann. N. Y. Acad. Sci. 1043: 807–16.
  • Metz TO, Alderson NL, Thorpe SR, Baynes JW (2003). “Pyridoxamine, an inhibitor of advanced glycation and lipoxidation reactions: a novel therapy for treatment of diabetic complications”. Arch. Biochem. Biophys. 419 (1): 41–9
  • Giannoukakis N (2005). “Pyridoxamine (BioStratum)”. Curr Opin Investig Drugs 6 (4): 410–8
  • Williams ME, Bolton WK, Khalifah RG, Degenhardt TP, Schotzinger RJ, McGill JB (2007). “Effects of pyridoxamine in combined phase 2 studies of patients with type 1 and type 2 diabetes and overt nephropathy”. Am. J. Nephrol. 27 (6): 605–14
  • Thotala D, Chetyrkin S, Hudson B, Hallahan D, Voziyan P, Yazlovitskaya E (September 2009). “Pyridoxamine protects intestinal epithelium from ionizing radiation-induced apoptosis”. Free Radic. Biol. Med. 47 (6): 779–85
  • “FDA finds vitamin B6 form not legal in supplements”, newsfood.com, February 2, 2009
  • “Big problem for BioStratum”, Triangle Business Journal, October 14, 2005
  • “FDA’s pyridoxamine decision: FDA’s decision regarding pyridoxamine has larger implications for dietary ingredients in general”, Entrepreneur, April, 2009

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Beitragsbild: 123rf.com – subbotina

René Gräber

René Gräber

Seit 1998 bin ich in eigener Naturheilpraxis tätig und begleite seitdem Patienten mit den unterschiedlichsten Beschwerden und Erkrankungen. Dabei spielen zahlreiche Vitalstoffe in der Behandlung eine Rolle, die in zahlreichen Fällen enorm helfen können.

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