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Nicotinamidmononucleotid – Wirkung und Studien

Informationen aus der Naturheilpraxis René Gräber

René Gräber
René Gräber

Das Nicotinamidmononucleotid, auch abgekürzt “NMN” genannt, ist in gewisser Weise ein “alter Bekannter”, den ich im Zusammenhang mit verwandten Substanzen diskutiert hatte:

Beim NMN handelt es sich um ein Nukleotid, welches aus Nikotinamid, Ribose und einer Phosphatgruppe besteht. Beim Menschen benötigen verschiedene Enzyme NMN, um NADH zu synthetisieren (siehe auch soeben zitierten Beitrag zum NADH).

Neben der Bedeutung von NADH für die Energiegewinnung in den Mitochondrien gab es in der jüngeren Vergangenheit immer wieder neue Erkenntnisse zur Rolle von NAD und NADH und dem damit verbundenen Einfluss von NMN bei Alterungsprozessen.

Dabei stellte sich heraus, dass Labor- und Tierstudien nicht mehr zu übersehende Hinweise lieferten, dass eine deutliche Erhöhung der NMN-Konzentrationen altersbedingte Erkrankungen abmildern oder sogar zum Verschwinden bringen konnte.

Wie sich zeigte, wurde dies durch eine Stimulation des NAD-Metabolismus bewerkstelligt. Aber es bleibt dennoch die Frage, ob diese Beobachtungen aus dem Labor und an den Tierstudien auch auf den Menschen zutreffen könnten?

Bekannte Geheimnisse um NMN

Das Geheimnis des “ewigen Lebens” ist seit langem Thema der menschlichen Fantasie, aber auch ein Thema in der Wissenschaft. Die Lebenserwartung hat in den letzten 200 Jahren signifikant zugenommen (auch wenn es in der jüngsten Vergangenheit gegenläufige Tendenzen zu geben scheint).[1] [2] [3]

In diesem Zusammenhang scheint NMN eine gewisse Rolle zu spielen und zwar als Vorläufersubstanz von NAD, welches wir bereits als essenzielles Enzym für verschiedene überlebenswichtige Zellfunktionen kennengelernt haben, wie zum Beispiel Zellstoffwechsel, DNA-Reparatur, Zellwachstum und Überlebensfähigkeit.

Inzwischen scheint es neben den Labor- und Tierstudien auch fundierte klinische Studien zu geben, die zumindest die vorläufigen Ergebnisse der Labor- und Tierstudien, vorsichtig ausgedrückt, nicht zu widerlegen scheinen.

Als Beispiel sei eine im Februar 2023 erschienene Studie[4] mit Wissenschaftlern aus China, Singapur und Indien genannt, die einen vielversprechenden Titel führte:

“Die Wirksamkeit und Sicherheit einer Supplementierung mit β-Nikotinamid-Mononukleotid (NMN) bei gesunden Erwachsenen mittleren Alters: eine randomisierte, multizentrische, doppelblinde, placebokontrollierte, dosisabhängige klinische Studie in Parallelgruppen”

An dieser Studie nahmen für die Dauer von 60 Tagen 80 gesunde Erwachsene teil. Die Teilnehmer erhielten entweder 300 Milligramm, 600 Milligramm, 900 Milligramm NMN oder ein Placebo. Das primäre Ziel war die Beurteilung der Erhöhung der NAD-Konzentrationen im Blut in Abhängigkeit von der verabreichten Dosierung.

Das sekundäre Ziel war die Beurteilung der Sicherheit/Nebenwirkungen der NMN-Gaben, sowie die Beurteilung der klinischen Effektivität, vertreten durch körperliche Aktivitäten, biologisches “Blutalter”[5], Veränderung der Insulinresistenz und Beurteilung der Lebensqualität.

Resultate: Bei allen drei NMN-Gruppen waren die Konzentrationen von NAD nach 30 Tagen und nach 60 Tagen im Vergleich zu Placebo und im Vergleich zu den Ausgangswerten zu Beginn der Studie signifikant erhöht.

Die NAD-Konzentrationen waren in der Gruppe mit 600 Milligramm und 900 Milligramm NMN am höchsten. Nebenwirkungen und/oder veränderte Laborwerte wurden nicht beobachtet.

Bei den körperlichen Aktivitäten, gemessen an der Länge der Gehstrecke in einem sechsminütigen Lauftest, zeigten alle drei NMN-Gruppen längere Gehstrecken als Placebo, wobei die größten Gehstrecken die beiden Gruppen mit 600 Milligramm und 900 Milligramm NMN aufweisen konnten.

Das biologische “Blutalter” erhöhte sich signifikant in der Placebogruppe, während es in den drei NMN-Gruppen keine Veränderungen gab.

Auch die Lebensqualität wurde von den Teilnehmern in den NMN-Gruppen, mit Ausnahme der 300 Milligramm-Gruppe, als deutlich besser eingestuft im Vergleich zur Placebogruppe.

Schlussfolgerung der Autoren:

“Die NMN-Supplementierung erhöht die NAD-Konzentration im Blut und ist bei einer oralen Einnahme von bis zu 900 mg NMN täglich sicher und gut verträglich.

Die klinische Wirksamkeit, ausgedrückt durch die NAD-Konzentration im Blut und die körperliche Leistungsfähigkeit, ist bei einer Dosis von 600 mg täglicher oraler Einnahme am höchsten.”

Damit scheint sich die Beobachtung aus den Tierstudien, wo nach einer Gabe von NMN eine signifikante Erhöhung von NAD im Blut nachgewiesen werden konnte, beim Menschen zu bestätigen. Und das mag auch der Grund dafür gewesen sein, dass die Nahrungsergänzungsmittel-Industrie vor allem in den USA intensiv auf diesen Zug aufgesprungen ist.

Der globale NMN-Markt dürfte zur Zeit bei über 250 Millionen Dollar liegen. Und bis 2027 soll er auf fast 390 Millionen Dollar anwachsen.

Warum ist NAD so wichtig?

NAD ist in den Mitochondrien, im Zytoplasma und im Zellkern reichlich vorhanden. Es wird für die Anlagerung von Poly-ADP-Ribose an Proteine und die deacetylierende Aktivität von Sirtuin-Enzymen benötigt, die für die Regulierung des Zellwachstums, des Energiestoffwechsels, der Stressresistenz, der Entzündung, des zirkadianen Rhythmus und der neuronalen Funktion entscheidend sind.

NAD wird aus Quellen wie NMN, Tryptophan, Nicotinsäure, Nicotinamidribosid und Nicotinamid synthetisiert. NAD-Vorstufen sind in geringen Mengen in natürlichen Lebensmitteln wie Kuhmilch, Gemüse und Fleisch enthalten.

Diese Vorstufen gelangen auf unterschiedlichen Wegen in die Zellen: NMN wird wahrscheinlich durch einen speziellen Transporter durch die Zellmembranen transportiert, Nicotinamid-Ribosid gelangt über Nicotinamid-Ribosid-Transporter in die Zellen, und Nicotinamid diffundiert aufgrund seiner geringen Größe in die Zellen.

Die Aufnahme von NAD-Vorläufern ist von Gewebe zu Gewebe unterschiedlich, doch ist in vielen Geweben ein Rückgang von NAD mit dem Alter zu beobachten.

Die durchschnittliche NAD-Konzentration in menschlichen Proben ist bei Erwachsenen um ein Vielfaches niedriger als bei Neugeborenen. Dieser Rückgang der NAD-Konzentration wird auf eine verringerte Synthese und einen erhöhten Verbrauch zurückgeführt.

Ein verminderter NAD-Spiegel wird mit einer ganzen Reihe von Alterserscheinungen in Verbindung gebracht, von Falten bis hin zu Stoffwechselstörungen und neurodegenerativen Erkrankungen.

Darüber hinaus wirken verschiedene lebensverlängernde Stoffwechselmanipulationen bei Mäusen, wie z. B. körperliche Betätigung, Kalorienrestriktion und regelmäßige Schlafgewohnheiten, zum Teil durch eine Erhöhung des NAD-Spiegels, was die Idee unterstützt, dass die Stimulierung des NAD-Stoffwechsels dazu beitragen könnte, die menschliche Gesundheit und möglicherweise auch die Lebensspanne zu verlängern.[6]

Und wie lassen sich die NAD-Konzentrationen “auf Trab bringen”? Die Antwort ist denkbar einfach: Durch die Gabe von NAD-Vorläufersubstanzen, wobei an erster Stelle NMN steht.

Weitere Möglichkeiten wären noch die Aktivierung von NAD-Enzymen, die die NAD-Synthese erhöhen. Die dritte Variante wäre die Blockierung des Abbaus von NAD.

Wie es aussieht, gibt es für die drei Möglichkeiten zur Erhöhung von NAD keine besonders guten Dokumentationen für den Einsatz beim Menschen, mit Ausnahme jedoch für die Supplementierung mit NAD-Vorläufersubstanzen, wie z.B. NMN.

Hier noch einmal die Darstellung zusätzlicher Maßnahmen, die in der Lage sind, NAD-Konzentrationen zu erhöhen:

nad

Neben der Einnahme von Vorläufersubstanzen, wie NMN, und der Blockade des Abbaus von NAD, sowie der Aktivierung von NAD-produzierenden Enzymen, finden wir weitere Möglichkeiten zur Erhöhung von NAD. Und die gibt es kostenlos.

Denn hier handelt es sich wieder einmal um “alte Bekannte”, als da wären: Kalorienrestriktionen (Fasten[7], intermittierendes Fasten[8] etc.), körperliche Bewegung[9] und  eine “Verbesserung des zirkadianen Rhythmus”[10], was nichts anderes implementiert als einen geregelten Schlafablauf, inklusive optimaler Schlafqualität[11].

Weitere Studien zu NMN beim Menschen

Erst in den letzten Jahren haben Forscher damit begonnen, die Wirkungen von NMN in kontrollierten, randomisierten Studien zu untersuchen, um festzustellen, ob sich die in Zellen und Tiermodellen beobachteten Effekte auf den Menschen übertragen lassen.

Im Jahr 2016 initiierten Forscher der Keio University School of Medicine die weltweit erste klinische Studie zur Bewertung der Sicherheit von NMN beim Menschen.[12]

Sie fanden heraus, dass bei zehn gesunden japanischen Männern eine einmalige orale Verabreichung von NMN (zwischen 100 und 500 mg) sicher war und effektiv verstoffwechselt wurde, ohne nennenswerte unerwünschte Wirkungen zu verursachen.

Die Teilnehmer fasteten über Nacht, bevor sie die NMN-Kapseln einnahmen, und tranken in den folgenden fünf Stunden nur Wasser, bis sie sich physiologischen Untersuchungen unterzogen.

Alle Dosen wurden gut vertragen. Die Forscher stellten keine gastrointestinalen Probleme oder Veränderungen der Herzfrequenz, des Blutdrucks, der Sauerstoffsättigung, der Körpertemperatur, der augenärztlichen Parameter oder der Schlafqualität fest.

Auch die Analyse von Blut- und Urinproben ergab keine Veränderungen nach der Einnahme von NMN, mit Ausnahme eines Anstiegs des Bilirubinspiegels im Serum und einer Verringerung des Kreatinin-, Chlorid- und Blutzuckerspiegels im Serum.

Diese Veränderungen lagen alle im normalen Bereich, was die Forscher zu der Schlussfolgerung veranlasste, dass die Verabreichung von bis zu 500 Milligramm NMN sicher und eine praktikable Strategie zur Linderung von altersbedingten Beschwerden beim Menschen ist.

Im Jahr 2021 dann eine weitere Studie aus den USA.[13] An dieser Studie nahmen ausschließlich Frauen im Alter von 55 Jahren und älter teil. Der Grund dafür wurde von den Autoren wie folgt erklärt:

“Wir haben uns für Frauen nach der Menopause entschieden, weil Studien an Nagetieren gezeigt haben, dass weibliche Tiere empfänglicher sind als männliche und dass ältere Tiere empfänglicher sind als junge Tiere.”

In dieser kleinen klinischen Studie nahmen 13 postmenopausale Frauen mit Prädiabetes, die übergewichtig oder fettleibig waren, 10 Wochen lang täglich 250 Milligramm NMN oral ein, während 12 weitere Frauen über den gleichen Zeitraum täglich ein Placebo erhielten.

“Abgesehen von einer Verbesserung der Insulinempfindlichkeit der Muskulatur konnte keiner der in den Nagetiermodellen beobachteten Vorteile für den Stoffwechsel auf den Menschen übertragen werden”, so die Autoren.

Obwohl NMN die Glukoseaufnahme durch die Muskeln als Reaktion auf Insulin verbesserte, wurden andere Wirkungen, die von einer erhöhten Insulinsensitivität zu erwarten wären, wie z. B. eine Senkung des Blutzuckerspiegels oder des Blutdrucks, eine Abnahme des Leberfetts und eine Ermüdung der Skelettmuskeln, nicht beobachtet.

Hierfür gibt es mehrere mögliche Gründe. Abgesehen von intrinsischen Unterschieden zwischen Nagetieren und Menschen könnte die Dosis oder die Dauer der Behandlung nicht angemessen gewesen sein, erklärten die Wissenschaftler.

Dies ist sogar sehr wahrscheinlich, wie die zuerst vorgestellte Studie weiter oben, in der 300 Milligramm, 600 Milligramm und 900 Milligramm NMN verabreicht wurden, gezeigt hatte. Hier hatte die Gruppe mit der 300 Milligramm Gabe deutlich geringere positive Effekte zu verzeichnen als die beiden Gruppen mit den höheren Dosierungen.

Interessanterweise wurden in beiden Studien keine erhöhten NAD-Konzentrationen nach Gabe von NMN beobachtet. Beobachtet wurde jedoch eine erhöhte Konzentration von NAD Metaboliten, was die Vermutung zulässt, dass hier durch die Gabe eine erhöhte Verstoffwechselung von NAD initiiert worden war.

Nebenwirkungen wurden bei keiner Studie beobachtet. Allerdings waren die eingesetzten Dosierungen im Vergleich zu den Dosierungen bei den Tieren deutlich geringer.

Bei den Mäusen wurden 300 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht eingesetzt, was für eine Person mit 75 Kilogramm Körpergewicht eine Dosierung von 22,5 Gramm bedeutet hätte. Bei den beiden soeben vorgestellten klinischen Studien kamen aber maximal nur 500 Milligramm zum Einsatz.

Fazit

Das Interesse für NMN scheint erst in den letzten Jahren wirklich im Bereich der Wissenschaft aufgekommen zu sein, so dass neben Labor- und Tierversuchen jetzt auch mehr klinische Studien durchgeführt werden.

Von daher dürften die optimistischen Aussagen, dass NMN das Leben verlängert und Altersbeschwerden rückgängig macht, momentan für den Menschen noch als Verkaufspropaganda einzuordnen sein.

Festzustehen scheint, dass die Gabe von NMN keine schädlichen Effekte mit sich bringt, zumindest nicht in Dosierungen von unter einem Gramm.

Die ansonsten berichteten positiven Effekte beziehen sich zur Zeit noch auf Beobachtungen, die an Tieren gemacht wurden und damit nur bedingt auf den Menschen übertragbar sind.

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Dieser Beitrag wurde am 02.01.2023 erstellt.

René Gräber

René Gräber

Seit 1998 bin ich in eigener Naturheilpraxis tätig und begleite seitdem Patienten mit den unterschiedlichsten Beschwerden und Erkrankungen. Dabei spielen zahlreiche Vitalstoffe in der Behandlung eine Rolle, die in zahlreichen Fällen enorm helfen können.

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