Lithium wird seit Jahrzehnten in der Medizin eingesetzt, vor allem zur Behandlung von affektiven Störungen wie Depressionen und bipolaren Erkrankungen. Die gängigste Form ist Lithiumcarbonat, daneben existieren weitere Lithiumsalze wie Lithiumcitrat, Lithiumsulfat und Lithiumchlorid. In jüngster Zeit wird jedoch vermehrt Lithiumorotat als Alternative diskutiert, das eine höhere Bioverfügbarkeit haben und besser verträglich sein soll.
Was ist Lithiumorotat?
Lithiumorotat ist das Lithiumsalz der Orotsäure, die eine Zwischenstufe in der Synthese von Nukleotiden darstellt. Befürworter dieser Darreichungsform argumentieren, dass Lithiumorotat effektiver ins Gehirn gelangt als Lithiumcarbonat, sodass geringere Dosen erforderlich sind und weniger Nebenwirkungen auftreten.
Das Klinikum St. Georg [1] gibt an, dass Lithiumorotat in niedrigen Dosen die Serotoninsynthese stimulieren und dadurch antidepressiv wirken kann. Zudem sollen neuroprotektive Effekte vorliegen, was insbesondere bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Multipler Sklerose von Interesse ist. Weitere potenzielle Vorteile umfassen eine Unterstützung des Immunsystems, antivirale Wirkungen bei Herpes simplex sowie positive Effekte auf den Blutzuckerspiegel bei Typ-2-Diabetes. Auch in der Suchttherapie, etwa beim Alkoholentzug, wird Lithiumorotat gelegentlich eingesetzt.
Wissenschaftliche Untersuchungen zu Lithiumorotat
Unterschiede in der Bioverfügbarkeit
Eine Studie der Universität von Saskatchewan aus dem Jahr 2021 untersuchte, ob Lithiumorotat eine bessere therapeutische Option darstellt als Lithiumcarbonat [2]. Die Autoren stellten fest, dass Lithiumcarbonat aufgrund seiner hohen Dosierung eine Reihe von Nebenwirkungen verursachen kann, darunter Polydipsie (verstärkter Durst), Polyurie (verstärkter Harndrang), Nierenfunktionsstörungen und Schilddrüsenunterfunktion.
Im Vergleich dazu zeigte Lithiumorotat eine schnellere Durchquerung der Blut-Hirn-Schranke, sodass die therapeutisch wirksame Dosis niedriger ist, was wiederum das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen senkt.
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Lithiumorotat in der Maniebehandlung
Eine 2023 veröffentlichte Studie derselben Forschungsgruppe verglich Lithiumorotat und Lithiumcarbonat in einem Mausmodell der Manie [3]. Die Forscher fanden heraus, dass 1,5 mg/kg Lithiumorotat eine bessere Wirkung erzielte als 15–20 mg/kg Lithiumcarbonat.
Zudem zeigten die mit Lithiumcarbonat behandelten Tiere Nebenwirkungen wie erhöhten Durst, erhöhte Kreatininwerte bei männlichen Tieren und gesteigerte TSH-Werte bei weiblichen Tieren. Diese Nebenwirkungen traten bei Lithiumorotat nicht auf, was für eine bessere Verträglichkeit spricht.
Historische Forschung zu Lithiumorotat
Bereits 1978 untersuchten Forscher die Lithiumkonzentrationen im Gehirn von Ratten nach Verabreichung von Lithiumorotat oder Lithiumcarbonat [5]. Die Lithiumkonzentrationen waren nach Gabe von Lithiumorotat bis zu dreimal höher als nach Lithiumcarbonat. Die Autoren schlugen vor, dass niedrigere Lithiumorotat-Dosen ausreichen könnten, um therapeutische Effekte im Gehirn zu erzielen, während die Serumspiegel stabil blieben.
Ein Jahr später wurde jedoch eine Arbeit veröffentlicht, die nachteilige Effekte auf die Nierenfunktion von Ratten nach Verabreichung von Lithiumorotat zeigte [4]. Die Forscher stellten eine Abnahme der glomerulären Filtrationsrate fest und folgerten daraus, dass Lithiumorotat nicht für die Behandlung beim Menschen geeignet sei. Kritiker dieser Studie weisen jedoch darauf hin, dass hier gleiche Dosen von Lithiumorotat und Lithiumcarbonat verwendet wurden, obwohl aufgrund der höheren Bioverfügbarkeit von Lithiumorotat eine niedrigere Dosis angemessener gewesen wäre.
Toxikologische Bewertung
Eine 2021 veröffentlichte toxikologische Untersuchung bewertete die Sicherheit von Lithiumorotat [6]. Die Autoren führten verschiedene genotoxische Tests sowie eine 28-tägige orale Verabreichung durch und fanden keine Hinweise auf toxische oder mutagene Effekte. Selbst bei der höchsten getesteten Dosis von 400 mg/kg Körpergewicht pro Tag traten keine Organschäden oder signifikanten Nebenwirkungen auf.
Einzelfallberichte
Ein Bericht aus dem Jahr 2023 beschreibt den Fall einer 38-jährigen Frau, die wegen einer entzündlichen Beckenerkrankung ins Krankenhaus eingeliefert wurde [7]. Da Lithium mit einigen der notwendigen Medikamente interagieren kann, wurde ihr Lithiumspiegel gemessen. Es stellte sich heraus, dass sie Lithiumorotat einnahm und ihre Serumkonzentrationen bei unter 0,05 mmol/L lagen, sodass die erforderlichen Medikamente ohne Risiko verabreicht werden konnten. Dies deutet darauf hin, dass Lithiumorotat weniger problematische Wechselwirkungen zeigt als Lithiumcarbonat.
Lithiumorotat als Nahrungsergänzungsmittel
Lithium wird oft als gefährlich dargestellt, insbesondere von schulmedizinischen Kreisen. Ein Fallbericht aus der Notaufnahme der Universität Pittsburgh von 2007 [8] schildert, wie eine 18-jährige Frau 18 Tabletten Lithiumorotat (insgesamt 82,8 mg elementares Lithium) eingenommen hatte. Sie klagte über Übelkeit, einmaliges Erbrechen und leichtes Zittern, zeigte aber sonst keine bedrohlichen Symptome. Nach intravenöser Flüssigkeitsgabe klangen die Beschwerden innerhalb von drei Stunden ab. Im Vergleich dazu wäre eine Überdosierung mit Lithiumcarbonat weitaus gefährlicher gewesen.
Fazit
Lithiumorotat bietet einige interessante Vorteile gegenüber Lithiumcarbonat, darunter eine höhere Bioverfügbarkeit, bessere Verträglichkeit und niedrigere effektive Dosierungen. Studien deuten darauf hin, dass Lithiumorotat ähnliche oder bessere Wirkungen bei geringeren Nebenwirkungen erzielen kann. Allerdings fehlen große klinische Studien am Menschen, sodass weitere Untersuchungen notwendig sind.
Die prophylaktische Einnahme von Lithiumorotat als Nahrungsergänzungsmittel bleibt umstritten, da hierfür keine belastbaren Daten vorliegen. Wer Lithium zur Therapie einsetzen möchte, sollte sich daher mit einem erfahrenen Arzt beraten.
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Quellen:
[1] Lithium: ein wichtiges Mineral mit breiter klinischer Wirkung | Clinicum St. Georg[2] Lithium orotate: A superior option for lithium therapy? – PubMed
[3] Different pharmacokinetics of lithium orotate inform why it is more potent, effective, and less toxic than lithium carbonate in a mouse model of mania – PubMed
[4] Kidney function and lithium concentrations of rats given an injection of lithium orotate or lithium carbonate – PubMed
[5] Rat brain and serum lithium concentrations after acute injections of lithium carbonate and orotate – PubMed
[6] A toxicological evaluation of lithium orotate – PubMed
[7] [Confusion caused by dietary supplement lithium orotate] – PubMed
[8] Lithium toxicity from an Internet dietary supplement – PubMed