Entdecken Sie mit mir die faszinierende Welt der Vitamine, jene geheimnisvollen Mikronährstoffe, die unser Leben auf so vielfältige Weise bereichern und die auch zur Leistungsoptimierung und Therapie eingesetzt werden können. Die Studienlage ist relativ klar! Lassen Sie sich nicht verunsichern. Klar ist auch: man sollte wissen was man tut. Los geht´s!
Als der polnische Biochemiker Casimir Funk 1912 den Berichten von einer geheimnisvollen Krankheit aus dem fernen Osten nachging, die man Beri-Beri nannte, da fand er heraus, dass diese Krankheit auf einem spezifischen Mangel zurückzuführen war. Er isolierte einen Stoff, der heute unter dem Namen Thiamin bekannt ist, oder Vitamin B1.
Auch erkannte er, dass es sich bei diesem Stoff biochemisch um ein Amin handelte, also eine stickstoffhaltige Verbindung. Da er annahm, dass es sich bei diesem Amin um einen lebensnotwendigen Stoff handelte, schuf er einen neuen Begriff für dieses Element: Vit-Amin, also ein Amin des Lebens (Vita = Leben).
Vitamine zählen wir zu den sog. Mikronährstoffen, weil diese im Gegensatz zu den Makronährstoffen (Eiweiß, Kohlehydrate, Fett) nur in sehr geringen Mengen gebraucht werden. Auch liefern sie keine Stoffwechsel-Energie. Dennoch sind Vitamine für unser Überleben “überlebenswichtig”.
Vitamine müssen über die Nahrung zugeführt werden, dabei können einige Vitamine als sog. Provitamine aufgenommen werden, die dann im Körper in ihre Wirkform umgebaut werden.
Nimmt man nicht ausreichend Vitamine zu sich, entsteht ein Vitaminmangel. Dann kann die Einnahme eines Präparates mit dem Mangel-Vitamin sinnvoll sein, um dem Körper schnellstens aus der Krise zu helfen. Vorsorglich ein Multivitaminpräparat anzuwenden, ist weniger empfehlenswert, weil Überdosierungen ebenfalls riskant sein können. Das gilt besonders für fettlösliche Vitamine A und D, die der Körper nicht ohne Weiteres über die Nieren ausscheiden kann.
Das Problem: Was ist eigentlich ein Vitamin genau?
Heute sind unter der Bezeichnung “Vitamin” eine Reihe von Substanzen aufgeführt, die keinesfalls die Homogenität (Gleichförmigkeit) aufweisen, die ihr Name eigentlich vermuten ließe.
Im Gegenteil, Vitamine sind zum großen Teil eben keine Amine und gehören biochemisch und pharmakologisch zu vollkommen verschiedenen Klassen. Eine falsche Zuordnung einiger Substanzen zu den Vitaminen in früheren Jahren hat dann dazu geführt, dass diese später wieder aus den Rängen entfernt wurden.
Der amerikanische Biochemiker Elmer McCollum schlug 1913 das heute noch übliche alphabetische Klassifizierungssystem vor, das heute aber Lücken aufweist – eben wegen der Entfernung falsch klassifizierter Substanzen als Vitamine.
Bald stellte sich heraus, dass auch einzelne Vitaminklassen, wie das Vitamin B, aus mehreren verschiedenartigen Substanzen bestanden, also keine homogene Einheit darstellten. So kennen wir heute Vitamin B1, Vitamin B2, Vitamin B3 oder auch das Vitamin B12 und weitere, die alle in Struktur und Funktion vollkommen verschieden sind.
Was haben alle Vitamine gemeinsam?
Trotz der großen Heterogenität der Vitamine gibt es einige, wenige gemeinsame Nenner.
So sind Vitamine organische Verbindungen, die der Organismus für lebenswichtige Vorgänge benötigt, und die er nicht selbst über Stoffwechselvorgänge synthetisieren kann. Von daher steht ihm als einzige Quelle die Nahrung zur Verfügung. Eine Ausnahme bildet Menachinon, das zwar „Vitamin K2“ genannt wird, aber auch von Darmbakterien bereitgestellt wird. Die so entstehenden Mengen scheinen aber nicht auszureichen.
Eine Ausnahme bildet Menachinon, das zwar „Vitamin K2“ genannt wird, aber auch von Darmbakterien bereitgestellt wird. Die so entstehenden Mengen scheinen aber nicht auszureichen.
Eine weitere Gemeinsamkeit der Vitamine ist, dass man sie in hydrophil (wasserlöslich) und lipophil (fettlöslich) unterscheiden kann.
Wenn also eine Definition der Vitamine ist, dass sie vom Organismus nicht hergestellt werden können, dann haben zum Beispiel die Schweine mal wieder “Schwein gehabt”. Wir Menschen sind nämlich nicht in der Lage, Vitamin C herzustellen, weil uns die dazu notwendige L-Galactonolacton-Oxidase fehlt.
Die Schweine dagegen sind in der Lage, ihren Ascorbinsäurebedarf selbst zu decken. Ascorbinsäure ist auch für Schweine lebensnotwendig, aber wegen der Fähigkeit, diese selbst zu produzieren, gilt sie nicht als Vitamin für diese Tiere.
Aber auch die Kontinuität der Definition bei den „menschlichen“ Vitaminen ist nicht ungetrübt. Vitamin D ist eine Substanz, die der Körper sehr wohl selbst herstellen kann, und zwar aus 7-Dehydrocholesterin, einem Cholesterinderivat, vorausgesetzt, die Haut ist genügend der Sonnenbestrahlung (UV-Licht) ausgesetzt. Doch auf der nördlichen Hemisphäre reicht diese Eigen-Produktion meistens nicht aus. Deswegen ist der Vitamin-D-Mangel dort eine sehr häufige Hypovitaminose mit einer Inzidenz von bis zu 50 % der Bevölkerung.
Doch auf der nördlichen Hemisphäre reicht diese Eigen-Produktion meistens nicht aus. Deswegen ist der Vitamin-D-Mangel dort eine sehr häufige Hypovitaminose mit einer Inzidenz von bis zu 50 % der Bevölkerung.
Somit wäre eigentlich das Sonnenlicht das Vitamin und nicht das Cholecalciferol, das biochemisch mehr als Prohormon wirkt.
Weiterführend zum Thema: Vitamine im “Test” [Ökotest 2023]:
Vitamine im „Test“ [Ökotest 2023] – Gesundheitliche Aufklärung (gesundheitlicheaufklaerung.de)
Funktionen
Vitamine erfüllen als “Bio-Substanzen” im Körper ganz unterschiedliche Aufgaben. Viele wirken als so genannte Co-Enzyme: Sie sind mit Enzymen fest verbunden, die Stoffwechselreaktionen steuern und beschleunigen.
Vitamine greifen also grundsätzlich in verschiedene Stoffwechselvorgänge ein und sind zumeist katalytisch wirksam. Der Stoffwechsel der Kohlehydrate, Eiweiße und Fette sowie der Hormone, Neurotransmitter und der Erbsubstanzen DNA und RNA wären ohne sie nicht denkbar.
Vitamine sind bei der Energiegewinnung beteiligt, regulieren Zellteilungsvorgänge, modifizieren das Immunsystem und kontrollieren die Synthese von Zellen in Blut, Knochen und Gewebe. Die verschiedenen Vitamine haben dabei die unterschiedlichsten Aufgaben mit unterschiedlichen Wirkungen.
Vitamin B1 ist beispielsweise speziell an der Energiegewinnung aus Kohlenhydraten beteiligt, Vitamin B12 sorgt für die Beschleunigung zahlreicher Reaktionen im Körper. Vitamin-B12-Mangel ist ziemlich weit verbreitet.
Vitamin A ist ein essenzieller Bestandteil in den Sehzellen der Netzhaut und Vitamin K ist wichtig für die Blutgerinnung. Vitamin K2 ist am Calcium-Stoffwechsel der Knochen beteiligt.
Andere Vitamine wirken ohne die Beteiligung von Enzymen. Beispielsweise schützen die Vitamine C und Vitamin E den Körper vor den Angriffen aggressiver Sauerstoffverbindungen (freie Radikale). Vitamin D hat eher hormonähnliche Wirkungen und steuert u. a. die Aufnahme von Kalzium aus dem Darm.
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Von Vitaminen und Pseudovitaminen
Nach heutigem Kenntnisstand gelten 20 Substanzen als Vitamine, von denen 13 als unerlässlich angesehen werden.
Zunächst einmal eine Übersicht von Vitaminen mit deren Synonymen und chemischen Namen:
Fettlösliche Vitamine
Vitamin A | Axerophtol | Retinol |
Vitamin D | – | Calcitriol |
Vitamin E | – | Tocopherol |
Vitamin K | K1: Phyllochinon, K2: Menachinon | Phyllochinon und Menachinon |
Wasserlösliche Vitamine
Vitamin | Synonyme | Chemischer Name |
Vitamin B1 | Aneurin | Thiamin |
Vitamin B2 | Lactoflavin, Vitamin G, Vitamin J | Riboflavin |
Vitamin B3 | Vitamin PP, Vitamin B5 | Niacin (Nicotinsäureamid und Nicotinsäure) |
Vitamin B5 | Vitamin B3 | Pantothensäure |
Vitamin B6 | Adermin, Pyridoxol | Pyridoxin, Pyridoxal und Pyridoxamin |
Vitamin B7 | Vitamin H, I; Vitamin Bw | Biotin |
Vitamin B9 | Vitamin M oder Vitamin Bc | Folsäure |
Vitamin B12 | Antiperniziosa-Faktor | Cobalamin |
Vitamin C | – | Ascorbinsäure |
“Pseudovitamine”
Daneben hat sich im Bereich der “Vitaminmärchen” (erfunden unter anderem von Werbestrategen), noch eine Reihe von sogenannten Pseudovitaminen etabliert, bzw. versucht zu etablieren; alles unter Etikett “Vitamin”, sodass diese Substanzen lebensnotwendig zu sein scheinen.
Vitamin B17 – ein Marketingname für das Laetril, mit dem Wirkstoff Amygdalin. Dieser Stoff ist ziemlich umstritten, unter anderem weil er Blausäure freisetzen soll. Bekannt wurde B17 in der alternativen Krebstherapie. In meinem Beitrag: Vitamin B17 (Amygdalin) bei Krebs? Über die Sache mit den bitteren Aprikosenkernen, versuche ich dem Laetril auf den Grund zu gehen.
Vitamin B22 – ist angeblich Bestandteil von Aloe-vera-Extrakt.
Vitamin F – ist eine alte Bezeichnung für die essenziellen Fettsäuren Alpha-Linolensäure (ALA) und Linolsäure (LA). Sie gehören aber nicht zu den Vitaminen, sondern es sind ja Markonährstoffe, die erstens in größeren Mengen aufgenommen werden müssen, und die zweitens auch zur Energie-Gewinnung oxidiert werden.
Vitamin I und Vitamin J – Stoffe, die angeblich die Eigenschaften von Ascorbinsäure besitzen.
Vitamin L – Anthranilsäure oder Aminobenzoesäure. Aus den Stickstoffverbindungen kann der Körper die Aminosäure Tryptophan herstellen. Essenziell ist Anthranilsäure nicht, weil Tryptophan auch in der Nahrung enthalten ist. Die Biosynthese verzehrt die Verbindung, was der Definition eines Vitamins ebenfalls widerspricht.
Vitamin N – α-Liponsäure oder Thioctsäure ist ein Antioxidans und auch ein Coenzym bei oxidativen Abbau-Prozessen. Insofern kann hier von einem „Quasi-Vitamin“ gesprochen werden. Allerdings kann der Körper die Verbindung selber produzieren.
Vitamin O – Carnitin, eine Ammonium-Verbindung, die für den Fett-Transport innerhalb der Mitochondrien gebraucht wird. Essenziell ist Carnitin nicht, denn der Körper kann es aus den Aminosäuren Lysin und Methionin synthetisieren.
Vitamin P – ein Marketingname für eine Mixtur von verschiedenen Flavonoiden, auch „Permeabilitätsvitamin“ genannt.
Die sekundären Pflanzenstoffe (entzündungshemmend, antioxidativ) sind zwar nützlich für die Gesundheit, aber nicht essenziell.
Vitamin Q – ein Marketingname (auch Q10) für das nicht essentielle Ubichinon. Der Stoffwechsel des Menschen kann die Verbindung produzieren. Dennoch können Mangelerscheinungen auftreten. Gebraucht wird sie in der Atmungskette der Mitochondrien.
Einige davon können auch als Vitaminoide eingestuft werden.
Lipophil versus hydrophil
Fettlösliche Vitamine gelten im Allgemeinen als die speicherbaren Vitamine, während die wasserlöslichen als nicht speicherbar gelten. Aber auch diese Regel kennt seine Ausnahmen.
So kann der Körper Die fettlöslichen Vitamine (A Retinol/β-Carotin, D Calciferol, E Tocopherol und K Phyllochinon) recht gut in Reserve halten. Phyllochinon ist zwar lipophil, kann dennoch in nur verschwindend geringen Mengen gespeichert werden.
Vitamin D ist vom Organismus reproduzierbar und braucht daher nicht gespeichert zu werden. Es ist damit im strengen Sinne, wie zuvor bereits diskutiert, kein Vitamin, sondern ein Prohormon. Als Eselsbrücke kann man sich die lipophilen Vertreter mit dem Kürzel EDEKA oder DEKA merken.
Die wasserlöslichen Vitaminen können kaum gespeichert werden und müssen deswegen kontinuierlich aufgenommen werden.
Der B-Komplex ist aus hydrophilen Vitaminen mit unterschiedlichen biochemischen Eigenschaften zusammengesetzt. Sie kommen in tierischer und pflanzlicher Nahrung vor, sind selten isoliert anzutreffen und wirken teilweise komplementär und synergistisch.
B1 Thiamin, B2 Riboflavin, B3 Niacin (Nicotinsäureamid und Nicotinsäure), B5 Pantothensäure, B6 Pyridoxin, B7 Biotin, B9 Folsäure, B12 Cobalamin, und C Ascorbinsäure.
Auch die hydrophile Gruppe hat ihre Ausnahme: Vitamin B12 Cobalamin kann trotz seiner hydrophilen Eigenschaften vom Organismus gespeichert werden.
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Beitragsbild: 123rf.com – kerdkanno
Dieser Beitrag wurde im September 2020 erstellt und letztmalig am 15.01.2024 aktualisiert.