Doping mit den „richtigen“ Bakterien?

Doping mit Bakterien? Ist das der Beginn eines neuen Doping-Skandals?

Kein Grund zur Sorge, denn hier geht es um etwas vollkommen anderes.

Und das ist was?

Ich stolperte über eine sehr interessante Studie, die im Jahr 2019 in den USA erschien.

Bereits die Überschrift verrät schon etwas von dem, worum es hier geht:

„Meta-omics-Analyse von Spitzensportlern identifiziert eine leistungssteigernde Mikrobe, die über den Laktatstoffwechsel funktioniert“[1]

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Das biologische Doping

Diese Forschungsarbeit hat eine Bakterienart im Mikrobiom von Spitzensportlern identifiziert, die zu einer verbesserten körperlichen Leistungsfähigkeit beiträgt. Diese Bakterien, Mitglieder der Gattung Veillonella, sind im Darm von sitzenden Menschen nicht zu finden.

Veillonella ist eine Gattung von Bakterien, die in der Mundhöhle und Darmtrakt von Menschen und einigen Tieren zu finden sind. Es sind Gram-negative anaerobe Kokkenbakterien mit einigen merkwürdigen Eigenschaften.

So sind sie zum Beispiel nicht in der Lage, Kohlenhydrate, inklusive Glucose, zu metabolisieren und sind deshalb auf andere Substrate angewiesen, aus denen sie ihren Energiebedarf decken. Und hier eignet sich Laktat, aber auch Pyruvat, Malat etc. in besonderer Art und Weise.

Laktate sind die Salze und Ester der Milchsäure. Und diese ist in Form von Laktat ein wichtiges Zwischenprodukt im Stoffwechsel, zum Beispiel als Ergebnis des Abbaus von Zucker durch die Milchsäuregärung.

Bei starker Belastung der Skelettmuskulatur kommt es häufig zu einem Anstieg des Laktatgehaltes im Blut von 5 Milligramm/Deziliter auf 100 Milligramm/Deziliter.

Der Grund hierfür ist, dass bei anaeroben Bedingungen, wie sie bei erhöhter Belastung der Skelettmuskulatur auftreten, vermehrt Laktat gebildet wird, welches über das Enzym, Laktat-Dehydrogenase, aus der Reduktion von Pyruvat gewonnen wird.

Dabei fällt als „Nebenprodukt“ NAD+ an, welches für die Aufrechterhaltung der Glykolyse, also der Energiegewinnung aus Glucose, notwendig ist. Laktat selbst ist danach nicht weiter nutzbar und wird ans Blut abgegeben, was die erhöhten Messwerte erklärt. Später wird dann Laktat zu Pyruvat oxidiert und wird damit dem Stoffwechsel wieder verfügbar gemacht.

Die Autoren besagter Studie schauten sich Veillonella genauer an und fanden, dass dieses Bakterium Laktat, welches im Überfluss durch die körperliche Beanspruchung vorliegt, zu Propionsäure/Propionat, eine kurzkettige Fettsäure, metabolisiert. Der menschliche Körper nutzt dieses Propionat dann zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit.

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Hier hören die Vorteile nicht auf

Dr. Aleksandar Kostic, einer der Mitautoren der Studie sagt:[2]

„Eine erhöhte körperliche Leistungsfähigkeit ist ein starker Prädiktor für die allgemeine Gesundheit und den Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Langlebigkeit insgesamt. Wir stellen uns ein probiotisches Präparat vor, das Menschen einnehmen können, um ihre Fähigkeit zu sinnvoller körperlicher Betätigung zu steigern und sie so vor chronischen Krankheiten wie Diabetes zu schützen.“

Mein Fazit hier: Die Idee mit dem probiotischen Präparat ist nicht schlecht, verführt allerdings die Kunden zu der Annahme, dass auch hier das Schlucken einer Probiotika-Pille dem Leiden einfach ein Ende setzen könnte. Wozu sich dann noch körperlich verausgaben?!

Ob bei mangelnder körperlicher Bewegung eine Probiotika-Pille dann noch Vorteile mit sich bringt, bezweifle ich erst einmal. Denn eine erhöhte Konzentration an Veillonella durch die Einnahme der Probiotika-Pille macht nur dann Sinn, wenn auch eine erhöhte Konzentration an Laktat vorhanden ist, welches nur durch körperliche Anstrengung gebildet wird.

Zudem bringt körperliches Training eine ganze Reihe von physiologischen Vorteilen, die in ihrer Gesamtheit in keine Pille passen würden:

Das heißt, dass mit körperlicher Bewegung nicht nur Laktat gebildet wird, was „Bakterien-Futter“ für Veillonella ist, sondern darüber hinaus weitere Reaktionen im Organismus angekurbelt werden, zum Beispiel die Erhöhung der Produktion von Wachstumshormonen, was wichtig, aber durch eine Pille nicht möglich ist.

Ohne Pille mehr Veillonella

Wie es aussieht, benötigt der Organismus mehr Laktat, um höhere Konzentrationen von Veillonella zu erhalten und nicht umgekehrt. Dazu sagt der bereits zitierte Autor Dr. Kostic Folgendes:

„Was uns sofort auffiel, war ein einziger Organismus, Veillonella, der unmittelbar nach dem Marathon bei den Läufern deutlich in größerer Menge vorhanden war. Veillonella ist auch bei Marathonläufern (im Allgemeinen) in größerer Menge vorhanden als bei sitzenden Personen.“

Und das wiederum korrespondierte mit verbesserten Trainingskapazitäten, die man bei entsprechenden Versuchen mit Mäusen beobachten konnte. Hier sah man eine signifikante Erhöhung der Lauffähigkeit und Ausdauer, nachdem den Tieren Veillonella verabreicht worden war.

Die hier gesteigerte Leistungsfähigkeit beruhte nicht auf der Gabe von Veillonella, sondern auf der erhöhten Produktion von Laktat durch die körperlichen Aktivitäten und der gleichzeitigen Erhöhung der Konzentrationen von Veillonella. Auch hier wird noch einmal deutlich, dass ohne das körperliche Training die Gabe von Veillonella allein wenig auszurichten vermag.

Wie kommt die verbesserte körperliche Leistungsfähigkeit zustande?

Das Team von Dr. Kostic stellte bei der Beantwortung dieser Frage fest, dass die Enzyme, die mit der Umwandlung von Laktat zu Propionate beauftragt sind, nach körperlicher Betätigung signifikant höher waren. Entsprechende Kontrollexperimente mit Mäusen, denen Propionate verabreicht wurde, bestätigten die Beobachtung, dass die Gabe von Propionaten allein die Leistungsfähigkeit der Tiere deutlich verbesserte.

Könnte man dann nicht Propionate verabreichen anstelle einer Probiotika-Pille mit Veillonella?

Auch hierzu gibt es eine Antwort: Nein.

Denn: Die direkte Verabreichung einer Propionat-Pille würde nicht funktionieren, da die kurzkettige Fettsäure durch die Verdauungssäfte abgebaut würde, bevor sie ihre Wirkung entfalten könnte.

Die Idee mit der Veillonella-Pille, die ich weiter oben bereits geäußert hatte, geht von folgenden Voraussetzungen aus:

Viele Menschen mit Stoffwechselstörungen sind nicht in der Lage, sich in dem Maße zu bewegen, wie es nötig wäre, um solche Vorteile zu erzielen. Die Ergänzung ihres Mikrobioms mit einer probiotischen Kapsel, die Veillonella enthält, könnte ihnen den Schub geben, den sie für ein effektives Training benötigen.

Und mit der dann einsetzenden Produktion von Laktat würde sich der Kreis schließen: Mehr Ausdauer – mehr Trainingseinheiten und damit mehr gesundheitliche Vorteile auch in den Bereichen, die ich weiter oben mit den entsprechenden Links notiert hatte.

Abschließend kommentiert Dr. Kostic ein paar interessante biologische Aspekte dieser Entdeckung:

„Das Mikrobiom ist ein mächtiger Stoffwechselmotor. Unsere Arbeit ist eine der ersten Studien, die direkt ein starkes Beispiel für eine Symbiose zwischen Mikroben und ihrem menschlichen Wirt zeigt.

Es entsteht diese positive Rückkopplungsschleife. Der Wirt produziert etwas, das diese bestimmte Mikrobe begünstigt. Im Gegenzug erzeugt die Mikrobe etwas, das dem Wirt zugute kommt. Dies ist ein wirklich wichtiges Beispiel dafür, wie das Mikrobiom Wege entwickelt hat, um zu einer symbiotischen Präsenz im menschlichen Wirt zu werden.“

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Quellen:

Dieser Beitrag wurde am 23.9.2023 erstellt.

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