Ich stamme ja aus einer Ärztefamilie. Seit meinen Jugendtagen kann ich mich an die lebhaften Diskussionen zum Cholesterin erinnern – oder viel mehr zu den Cholesterinwerten.
Dabei habe ich viele Veränderungen erlebt: gesellschaftliche, medizinische, und vor allem die Art und Weise, wie wir über Cholesterin denken. Die Diskussion um diesen einen Stoff, der so klein und doch so einflussreich ist, hat eine Entwicklung durchgemacht, die über Jahrzehnte hinweg von Fortschritt, Kontroverse und immer wieder neuen Erkenntnissen geprägt war.
Doch eine Frage hat sich dabei stets im Hintergrund gehalten: Welche Rolle spielt die Pharmaindustrie bei dieser Entwicklung?
Die 1980er Jahre: Eine Zeit der „Einfachheit“
In den 1980er Jahren waren die Dinge (zumindest aus heutiger Sicht), recht „unkompliziert“ – zumindest in Sachen der Blutwerte. Gesamtcholesterinwerte unter 240 mg/dL galten als „normal“, selbst bei 260 hat kaum jemand „gemeckert“. LDL-Cholesterin, das heute so oft verteufelt wird, durfte sogar bis zu 160 mg/dL erreichen. Die allgemeine Haltung war: Solange der Wert nicht über diese Grenzen hinausging, bestand kein akuter Handlungsbedarf. HDL-Cholesterin, der sogenannte „gute“ Anteil, wurde erst langsam als Schutzfaktor anerkannt – ein Wert über 35 mg/dL war bereits wünschenswert.
Aus heutiger „schulmedizinischer“ Sicht wirkt dies beinahe naiv. Man hatte die Patienten aber im Blick und versuchte diesen mit Ernährungsempfehlungen beizukommen. Dazu wurden dann Eier verboten und Margarine empfohlen. Auch nicht gut, wie wir heute wissen.
Aber dann kamen die 90er…
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Die 1990er Jahre: Der Beginn der „Cholesterin-Revolution“
Die 1990er Jahre brachten eine Welle der „Differenzierung“ mit sich – um es fein auszudrücken.
Das Gesamtcholesterin sollte nun unter 200 mg/dL liegen, der LDL-Wert möglichst unter 130 mg/dL. Besonders spannend fand ich damals die Einsicht, dass Menschen mit zusätzlichen Risikofaktoren (wie Diabetes oder Bluthochdruck) von noch niedrigeren LDL-Werten profitieren könnten. HDL-Cholesterin hingegen wurde mehr und mehr als Schutzschild betrachtet: Werte über 40 mg/dL galten als erstrebenswert.
Doch in genau dieser Zeit begann sich eine andere Dynamik abzuzeichnen. Viele der bahnbrechenden Studien, die die neuen Grenzwerte und die Bedeutung von LDL-Cholesterin untermauerten, wurden direkt oder indirekt von der Pharmaindustrie finanziert. Es war eine Zeit, in der die Statine (Medikamente zur Senkung des Cholesterins) auf den Markt kamen. Die Umsatzpotenziale waren enorm, und entsprechend groß war das Interesse, die Risiken von Cholesterin so bedrohlich wie möglich darzustellen. Nicht wenige Kritiker stellten damals die Frage, ob der wissenschaftliche Fortschritt tatsächlich nur der Gesundheit oder auch den Profiten diente?
Aber es gab ja „Studien“.
Heute: Die Suche nach der ultimativen Kontrolle
Im Jahr 2024 haben wir eine Komplexität erreicht, die sich noch vor dreißig Jahren niemand hätte vorstellen können. Die heutigen Richtlinien unterscheiden nicht nur zwischen Gesamtcholesterin, LDL und HDL, sondern sie setzen die Messlatte für Menschen mit unterschiedlichen Risikoprofilen auf sehr spezifische Werte:
- Gesamtcholesterin: unter 200 mg/dL.
- LDL-Cholesterin: unter 100 mg/dL für Menschen mit niedrigem Risiko, unter 70 mg/dL für Menschen mit bestehender Herz-Kreislauf-Erkrankung.
- HDL-Cholesterin: Werte über 60 mg/dL gelten als besonders schützend.
Die Präzision der heutigen Empfehlungen ist geradezu beeindruckend! Wie man sich doch um die Menschen sorgt! Doch gleichzeitig beschleicht mich ein Gefühl, das ich immer wieder mit meinen Patienten teile: Ist mehr Kontrolle wirklich immer besser? Und wie unabhängig sind diese Empfehlungen von wirtschaftlichen Interessen? Die Pharmaindustrie hat weiterhin ein großes Interesse an niedrigen Zielwerten, da dies die Verschreibung von Statinen massiv fördert.
Die meisten Studien, die die Vorteile der Cholesterinsenkung belegen, werden nach wie vor von Pharmafirmen finanziert. Das ist an sich nicht verwerflich, doch es wirft Fragen auf, wie neutral und ausgewogen die Leitlinien tatsächlich sind?
Mehr sage ich dazu hier erst einmal nicht. In der Überschrift sagte ich ja, dass es eine persönliche Reflexion ist.
Cholesterin in der Naturheilkunde: Ein ganzheitlicher Blick
Als Naturheilkundler sehe ich Cholesterin nicht als isolierten Risikofaktor. Es ist ein Baustein des Lebens, ein essentielles Molekül, das unser Körper braucht, um Zellmembranen zu stabilisieren, Hormone zu produzieren und Entzündungen zu regulieren. Ein zu hoher Wert kann auf ein Ungleichgewicht hinweisen, aber er ist oft nur ein Symptom tieferliegender Probleme: chronischer Entzündungen, Stress oder einer übermäßigen Zufuhr von Zucker und raffinierten Kohlenhydraten.
Die Naturheilkunde bietet hier Ansätze, die oft ergänzend wirken können:
- Eine entzündungshemmende Ernährung mit viel frischem Gemüse, Nüssen und gesunden Fetten.
- Bewegung, die den Stoffwechsel anregt und das HDL-Cholesterin erhöht.
- Stressmanagement durch Meditation, Yoga oder einfach nur Spaziergänge in der Natur.
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Kleine Anmerkung: Die Sache mit den „5 Wundermitteln“ ist mit Abstand der beliebteste Newsletter, den meine Patienten gerne lesen…
Fazit
Wenn ich auf die letzten Jahrzehnte zurückblicke, wird eines deutlich: Unsere Einstellung zum Cholesterin hat sich immer weiter verfeinert. Das ist gut. Doch wir sollten nie vergessen, dass es in der Medizin (wie im Leben) letztlich um Balance geht. Zahlen können Orientierung bieten, aber sie sind nicht das Ziel. „Wirtschaftliche Interessen“ haben meines Erachtens in der Medizin bereits längst die Oberhand gewonnen. Zu diesen „Machenschaften“ hatte ich mehrfach veröffentlicht:
- Das Pharmakartell – wie wir Patienten belogen werden
- Medikamentenskandale und Pharmakartelle: Einzelfälle oder nur die Spitze des Eisbergs, eines Systems aus Machenschaften und Korruption?
- Neue Medikamente oft ohne Zusatznutzen
- Regierung hilft der Pharmaindustrie
- Die Machenschaften der Firma Pfizer – Eine unendliche Geschichte
Wenn Sie das alles lesen und davor noch nie davon gehört haben, kann man den „Glauben“ verlieren. Ich habe diesen längst verloren.
Dennoch bleibt mein Rat immer noch derselbe: Hören Sie auf Ihren Körper, suchen Sie nach Ursachen statt nur nach Symptomen, und vertrauen Sie darauf, dass wahre Heilung immer ganzheitlich ist.
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