Butyrat kennen die meisten eher als Buttersäure. Diese gilt als ein ausgesprochen „gesunder Stoff“. Es wird im Darm von bestimmten probiotischen Bakterien gebildet, wenn wir ausreichend präbiotische Ballaststoffe wie Inulin, resistente Stärke oder Flohsamenschalen zu uns nehmen. Butyrat stärkt die Darmschleimhaut, wirkt entzündungshemmend und dient den Darmzellen als Energiequelle.
Doch wie so oft in der Biologie kommt es bei der Wirkung auf ein paar Faktoren an, die von Mensch zu Mensch verschieden sind. Bei Menschen mit chronischer Virusbelastung (insbesondere durch latente Herpesviren wie EBV, HHV-6 oder HSV-1) kann Butyrat zum Problem werden. Denn ausgerechnet dieser eigentlich nützliche Stoff gilt als starker Induktor für die Reaktivierung latenter Herpesviren.
Was die Forschung zeigt
Bereits in den 1980er Jahren wurde entdeckt, dass Butyrat latente Herpesviren in Zellkulturen reaktivieren kann. In einer der ersten Studien zu diesem Thema konnte gezeigt werden, dass Butyrat die Replikation des Epstein-Barr-Virus (EBV) anstößt (Stevens et al., 1986).
Spätere Arbeiten bestätigten diesen Effekt mehrfach:
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PMID: 9753061 (1998): Butyrat in Kombination mit TPA (Phorbolester) führt zur starken Expression lytischer Gene bei EBV.
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PMID: 11059774 (2000): Butyrat wirkt als Histon-Deacetylase-Hemmer (HDACi) und fördert die lytische Reaktivierung von EBV in B-Zellen.
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PMID: 17360760 (2007): Auch bei HHV-6A wurde die virale Genexpression durch Butyrat stimuliert.
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PMID: 220786 (1979): Butyrat stimuliert die Virusproduktion bei Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1).
Zudem zeigen neuere Studien, dass Butyrat in der Lage ist, virale Latenz durch epigenetische Mechanismen gezielt aufzuheben. Dieser Effekt wird in der HIV- und Krebsforschung sogar gezielt genutzt, um ruhende Virus- oder Tumor-DNA zu reaktivieren und angreifbar zu machen (J Virol. 2014;88(14):8028–8036).
Woher kommt das Butyrat?
Butyrat wird im Dickdarm durch Fermentation von Ballaststoffen gebildet – insbesondere durch Clostridien, Eubakterien und andere anaerobe Darmbakterien. Präbiotische Stoffe wie Inulin, Oligofruktose oder Flohsamenschalen fördern gezielt diese Produktion. Auch probiotische Präparate können – je nach Zusammensetzung – die Butyrat-Bildung im Darm anregen.
Ein häufig übersehener Punkt: Butyrat wird nicht nur lokal im Darm wirksam, sondern kann auch in geringen Mengen systemisch in den Blutkreislauf gelangen. Studien deuten darauf hin, dass über die Pfortader und Leber ein relevanter Anteil verstoffwechselt wird – bei hoher Zufuhr oder gezielter Supplementierung kann dennoch eine Wirkung außerhalb des Darms entstehen.
Herxheimer-Reaktionen oder virale Reaktivierung?
Viele Menschen berichten über Herxheimer-ähnliche Reaktionen nach der Einnahme von Probiotika oder Ballaststoffen – darunter Abgeschlagenheit, Muskelschmerzen, Fiebergefühl oder grippeartige Symptome. Diese Reaktionen werden häufig als „Entgiftung“ interpretiert.
Eine alternative Hypothese: Nicht Entgiftung, sondern Reaktivierung. Wenn Butyrat tatsächlich latente Herpesviren aktiviert, könnte genau das die Ursache für diese Symptome sein – besonders bei Menschen mit chronischer EBV-Belastung, ME/CFS oder Reaktivierungsneigung.
Auch direkte Supplementierung mit Butyrat wurde vereinzelt mit Verschlechterungen in Verbindung gebracht. Ich halte das auch für absolut möglich.
Was bedeutet das für die Praxis?
Die klassische Empfehlung, viel Ballaststoff zu essen und Probiotika zu nehmen, gilt weiterhin – für gesunde Menschen. Doch bei bestehenden Viruslasten oder unerklärlicher Symptomverschlechterung nach „gesunden Maßnahmen“ lohnt sich ein differenzierter Blick:
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Bei Reaktivierungsanzeichen wie ständiger Müdigkeit, geschwollenen Lymphknoten, grippeartigen Symptomen nach Ballaststoffzufuhr: Butyrat-induzierte Virusreaktivierung in Betracht ziehen.
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Dosierung anpassen: Flohsamenschalen z.B. nicht mit 10–20g starten, sondern mit kleinen Mengen (2–5g) testen.
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Phasenweise Anwendung: In stabilen Phasen gezielt präbiotisch arbeiten, bei Reaktivierungen pausieren.
Fazit
Butyrat ist kein „böser“ Stoff – ganz im Gegenteil. Aber wie so oft in der Naturheilkunde entscheidet der Kontext. Bei chronisch-viraler Belastung kann eine individuell abgestimmte Strategie hilfreicher sein als gut gemeinte Standardratschläge. Und manchmal liegt die Antwort eben genau dort, wo wir sie nicht vermuten – in der Buttersäure.
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