Juice Plus – Kritik und Test
Ich bekomme immer zahlreiche Fragen zu Produkten. Eine Leserin meines Beitrags Multivitamine – Ja oder Nein? stellt in Kommentar 31 die Frage:
„In meinem Bekanntenkreis wurde eine Familie von der, wie ich finde, „Juice Plus Sekte“ eingefangen. Ich bin selbst Sportlerin und begeistere mich für alles Gesunde. Doch sowohl von dem „System“, wie dieses Produkt vermarktet und verkauft wird, als auch von dem Produkt selbst bin ich alles andere als überzeugt.
Als ich einem Bekannten sagte, dass ich dieses Produkt nicht kaufen möchte, auch nicht zum Einkaufspreis von 50 Euro im Monat, und erwähnte, dass ich einen Bericht von der „Stiftung Warentest“ gelesen habe, in dem stand, dass die Kapseln zu viel Provitamin A enthalten, was für Raucher sehr schädlich sei, erhielt ich folgende Antwort:
„Der Mann, der das veröffentlicht hat, wird in seinem Leben nicht mehr glücklich sein! Er hat bei den Untersuchungen den Fehler gemacht, synthetische Vitamine mit natürlichen Vitaminen zu verwechseln.“
Meine Frage: Was ist der Unterschied für einen Menschen, wenn er zu viel synthetisches oder natürliches Provitamin A zu sich nimmt? Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.“
Was ist Juice Plus?
Juice Plus ist ein Markenname für diätetische Nahrungsergänzungsmittel, die von der Firma The Juice Plus+ Company hergestellt werden. Diese Produkte werden oft in Form von Kapseln oder Pulvern vermarktet und sollen eine Vielzahl an Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen enthalten, die aus konzentrierten Obst- und Gemüseextrakten gewonnen werden. Das Hauptargument für diese Produkte ist, dass sie helfen können, die Lücke zwischen der empfohlenen täglichen Obst- und Gemüseaufnahme und dem, was die Menschen tatsächlich konsumieren, zu schließen.
Juice Plus wird häufig über ein Netzwerk-Marketing-Modell vertrieben, auch als Multi-Level-Marketing (MLM) bekannt. Bei diesem Vertriebsmodell verkaufen unabhängige Vertreiber die Produkte direkt an Verbraucher und werben neue Vertreiber an, wofür sie Provisionen und Boni erhalten. Dieses Geschäftsmodell hat sowohl Unterstützer als auch Kritiker. Ich weiß, dass es sich hier um einen MLM-Vertrieb (Multi-Level-Marketing) handelt, der oft mit Schneeballsystem oder Pyramiding gleichgesetzt wird.
Dies ist aus meiner Sicht aber nicht in allen Fällen gerechtfertigt, denn es gibt auch in diesem Segment gute und weniger gute Konzepte. Aber das gilt auch für die traditionellen Geschäftsformen. Eins steht jedoch sehr oft im Vordergrund, egal um welche Vertriebsform es sich handelt: und dass ist das „Geschäft“.
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Geschäfte machen ist überhaupt nichts verwerfliches – im Gegenteil. Wir alle müssen mehr oder weniger „Geschäfte machen“; denn: womit wollen wir sonst unsere Stromrechnung, unsere Miete, Essen usw. bezahlen?
Und den Händlern dürfen wir somit dankbar sein, dass Sie uns die Produkte vor Ort anbieten, sonst könnten wir nämlich die Kartoffeln wieder selbst anbauen und ausgraben. Und auch ich preise ja hin und wieder vollmundig zum Beispiel meine Heilfasten-Anleitung an 🙂
Aber zurück zum Thema Juice Plus. Wenn man die Webseite der Firma durchgeht, dann fällt auf, dass die Produkte nur spärlich beschrieben sind. Ich jedenfalls habe keine Liste mit Inhaltsstoffen gefunden. Aber vielleicht hab ich die auch nur übersehen. Auf der englischen Wikipedia-Seite (http://en.wikipedia.org/wiki/Juice_Plus) über Juice Plus gab es dann ein Produkt in Bild und Wort mit einer detaillierten Angabe über die Inhaltsstoffe.
Dabei fiel auf, dass offenbar kein Vitamin A in dem angegebenen Produkt enthalten ist, sondern die inaktive Vorstufe, das Beta-Carotin. Weitere Angaben bezogen sich auf die Wirksamkeit der Präparate, die von einigen Institutionen angezweifelt wird, andere wiederum den Präparaten eine gute Wirksamkeit bestätigten.
Laut Wikipedia gibt es nur eine Studie, die von einem unabhängigen Institut durchgeführt worden ist mit den werkseigenen Produkten (http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0308814695002235) . Und die zeigte ein gutes Ergebnis.
Alle anderen Studien seien entweder von der Firma selbst oder aber von Mitgliedern der Firma in Auftrag gegeben worden. Dementsprechend positiv seien die Ergebnisse auch ausgefallen. Ob das so richtig ist oder nicht, ist schwer zu beurteilen.
Da diese Art von Umgang mit Studien gerade in der Pharmaindustrie recht häufig zu beobachten ist, kommt die Vermutung auf, dass auch im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel zu ähnlichen Mitteln gegriffen wird, um das eigene Geschäft zu forcieren.
Nach meiner Meinung sollte eben der Nutzen für den Verbraucher im Vordergrund stehen und nicht der Profit für den Verkäufer. Ich meine: Wenn man Probleme von Kunden / Klienten (oder wie auch immer) löst, dann kann man damit auch Geld verdienen. Wenn man sehr viele Probleme löst, kann man damit auch zu sehr viel Geld kommen – Beispiel Bill Gates.
Natürlich berühren wir hier Fragen der Moral. Und so halte ich es für moralisch nicht haltbar, zum Beispiel einer 75-jährigen Oma Derivate oder Anteile von Immobilienfonds zu vertickern, wenn „Oma“ ihr Geld sicher anlegen wollte. Wo das hingeführt hat sehen wir ja noch immer – täglich.
Ein weiterer Hauptkritikpunkt der Juice-Plus-Kritiker: die Produkte seien extrem teuer. Aber das ist eigentlich kein Novum für MLM-Firmen, die durch die Bank deutlich teurere Produkte anbieten als die „normalen“ Firmen. Und den zu teuren Preis an sich lasse ich nicht unbedingt gelten, denn: man muss ja nicht kaufen.
Was den „Sektencharakter“ der Firma angeht: das findet sich häufig bei MLM-Firmen, aber auch in den Management Etagen konventioneller Firmen. Corporate Mission nennt sich das Zauberwort, wo jeder auf die gemeinsame Firmenphilosophie eingetrimmt wird. Manche bezeichnen das auch als „Gehirnwäsche“. Auch das ist nichts Ungewöhnliches.
Wenn unser humanistisches Bildungsideal, das in unseren Schulen ja immer noch verfolgt wird, zu etwas taugen sollte, dann doch dazu, dass wir als Menschen befähigt werden uns unseres Geistes zu bedienen. Wenn wir das nicht mehr wollen, dann können wir Goethe, Schiller, Hegel, Kant usw. getrost aus den Klassenzimmern verbannen. Eine Anmerkung noch: Ich bin dankbar, dass ich bereits in der Schule solche Klassiker wie z.B. Gustav Le Bon – Psychologie der Massen lesen konnte. Ich kann das Buch nur empfehlen; geschrieben meine ich 1895.
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Aber zurück zu den Vitaminen:
Provitamin A und Lungenkrebs
Es gibt in der Tat eine Reihe von Untersuchungen, die zu zeigen glaubten, dass eine Supplementierung mit Beta-Carotin das Krebsrisiko bei Rauchern und ehemaligen Rauchern erhöht. Ob es sich hier um synthetisches Carotin oder aus natürlichen Produkten gewonnenes Carotin handelt, wird aus den Daten nicht ersichtlich.
Die meisten dieser „Studien“ waren allerdings Metaanalysen, die alte Studien nach bestimmten Gesichtspunkten aufarbeiten. Bei diesen Studien hängt immer ein wenig der Geruch der Datenmanipulation zum Vorteil des eigenen Interesses in der Luft. „Normal“ durchgeführte prospektive Studien mit Placebokontrolle, doppelblind und randomisiert, sehen da anders aus und sind auch vertrauenswürdiger. Mehr dazu auch in meinem Beitrag: Nutzen Vitalstoffe wirklich?
Und zum guten Schluss gibt es auch eine Studie, die zu einem vollkommen gegenteiligen Schluss kommt, dass Beta-Carotin nämlich die Raucher vor Lungenkrebs schützt (Wright ME, et al. Am J Epidemiol 2004 Jul 1;160(1):68-76). Andere Studien mit natürlichen Carotinoiden haben ebenfalls einen positiven Effekt auf Lungenkrebs und Darmkrebs zeigen können. Da ist man natürlich geneigt, den Sündenbock im synthetischen Chemiekrams zu suchen.
Aber wenn ich eine Möhre esse oder andere Sachen mit guten Konzentrationen an Carotinoiden, dann nehme ich nicht nur Beta-Carotin auf, sondern verzehre ca. 600 Carotinoide, die alle eine biologische Wirksamkeit haben. Vielleicht liegt darin der Trick der Natur. Man konzentriert sich auf der Seite der Industrie, sei es Pharmaindustrie oder Nahrungsergänzungsmittelindustrie, auf nur EIN Carotinoid, das Beta-Carotin. Und das muss jetzt für alle Wirkungen und Nebenwirkungen herhalten. Eine „One-man-army“ sozusagen.
Ist es nicht auch denkbar, dass Beta-Carotin nur dann effizient wirksam sein kann, wenn eine Reihe seiner „Carotinoid-Kollegen“ mit von der Partie sind? Auch eine Kanone ist nur ein lächerliches Stück Eisen, wenn die Munition dafür fehlt (oder der sie abfeuert).
Dazu kommt noch, dass das Verhältnis von Beta-Carotin zu Vitamin E stimmen muss, denn sonst zeigt das Beta-Carotin besonders in sauerstoffreichem Gewebe (wie der Lunge – sprachen wir nicht gerade von Lungenkrebs?) die Tendenz, wie ein freies Radikal zu wirken.
Sie sehen, es wird immer komplizierter. Von daher halte ich überhaupt nichts von der Behauptung, dass Beta-Carotin, natürlich oder synthetisch, für das gesteigerte Lungenkrebsrisiko von Rauchern verantwortlich sein soll. Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sogar vollkommen wurscht, ob es natürlich oder synthetisch zugeht. Wenn man die 599 anderen Carotinoide vergisst, das ist der dicke Fehler in der Rechnung, die hier als Beweis dienen soll.
Ob der Mann, der beim Warentest dieses Statement veröffentlicht hat, seines Lebens nicht mehr froh wird, wage ich zu bezweifeln. Der wird besonders froh sein, alle Leser vor einem außerordentlich schädlichen Produkt gewarnt zu haben, besonders die Raucher: Beta-Carotin verursacht Krebs, neben dem Rauchen. Diese unterschwellige Botschaft seitens der Warentester finde ich ebenso bezeichnend wie den pathetischen Kommentar des Juice-Plus-Fans.
Ob synthetisches Beta-Carotin einen Unterschied macht im Vergleich zu natürlichem, ist schwer zu sagen. In der Stereochemie der beiden gibt es Unterschiede. In der Stereochemie wird der 3-dimensionale Aufbau von Molekülen und bestimmte Veränderungen auf die biologische Aktivität untersucht. Wenn sich der 3-dimensionale Aufbau ändert, ohne dass sich die Summenformel des Moleküls ändert, dann werden bestimmte Gruppen am Grundgerüst des Moleküls an andere Stellen des Moleküls verlagert. Und je nach dem wo dies erfolgt, spricht man von cis-, trans- usw. Konfigurationen.
Und so haben auch die synthetischen und natürlichen Carotine unterschiedliche stereochemische Konfigurationen. So weisen die natürlichen Beta-Carotine eine Mischung aus cis- und trans-Konfigurationen des Carotin-Moleküls auf. Die synthetischen dagegen bestehen fast ausschließlich aus trans-Molekülen.
Nur wenige natürliche Quellen, wie rohe Karotten z.B., haben zu 98 Prozent trans-Konfiguration. Bei der Resorption werden die 95 Prozent der cis-Bestandteile der natürlichen Beta-Carotine im Darm zu trans umgewandelt. Damit hätten wir ein Molekül, dass dem synthetischen recht ähnlich sieht. Damit ist es besser resorbierbar.
In unseren Körperzellen kann dieser Vorgang wieder umgekehrt werden, so dass es zu einem definierten Verhältnis von cis- und trans-Molekülen kommt. Eine Gabe von synthetischem Beta-Carotin dagegen verändert dieses Verhältnis zugunsten der trans-Konfiguration. Natürliche Beta-Carotine tun dies nicht, sondern stabilisieren dieses spezifische Verhältnis. Wenn es einen entscheidenden Unterschied in der Verträglichkeit und Wirksamkeit zwischen synthetisch und natürlich gibt, dann wäre er hier zu suchen.
Aber im Augenblick weiß niemand, welche spezifischen Auswirkungen eine Verschiebung von cis- nach trans- mit sich bringt.
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In einem Punkt stimme ich den Warentestern zu, dem Schlusspunkt nämlich. Wir benötigen für unseren Organismus nicht nur das allein selig machende Beta-Carotin, natürlich natürlich… sondern wir brauchen alle 600. Dies ist auch ein dickes Minus von Juice Plus. Ich sehe die Diskussion um „natürlich oder synthetisch“ in diesem Zusammenhang als eine Ablenkung von den realen Problemen solcher Produkte.
Das Marketing will uns vermitteln, dass wir hier die Hammer-Alternative zu Obst und Gemüse haben – hammer aber nicht – auch nicht, wenn die Aufbereitung aus natürlichen Zutaten erfolgt. Die Produkte der Firma „Mutter Natur“ sind einfach nicht zu schlagen in Qualität, Zusammensetzung, Reichhaltigkeit und Bioverträglichkeit.
Denn diese sind optimal abgestimmt auf die Bedürfnisse des Organismus. Welche andere Firma kann von sich behaupten, dass auf die Reihe zu bekommen. Die wissen doch noch nicht einmal, ob zuviel trans oder zu wenig cis oder auch umgekehrt für Lungenkrebs verantwortlich ist. Die immer wieder beschworenen Vermutungen in diese Richtung sind aber kein wissenschaftlicher Beweis.
Und jetzt kommt sicher noch die Frage zu den ausgelaugten Böden und dem verringerten Viatmingehalt unserer Lebensmittel. Aber dazu bereite ich einen weiteren Artikel vor. Wenn Sie diesen nicht verpassen wollen, sollten Sie meinen kostenlosen E-Mail Gesundheits-Newsletter anfordern.
Fazit
Ach ja: eine Frage bleibt sicher noch. Würde ich Juice Plus nehmen? Antwort Ja, vielleicht. Denn Hand aufs Herz: Wer isst denn so viel Obst und Gemüse wie empfohlen? Eben. Insofern halte ich Gemüsesäfte (oder grüne Smoothies) für sinnvoll. Und bitte liebe Juice Plus MLM-ler: ich möchte bei dem Vertrieb nicht mitmachen. Nicht weil ich von dem Saft nichts halte, sondern weil ich sonst vielleicht nicht mehr neutral berichten würde…
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Beitragsbild: pixabay.com – silviarita
Dieser Beitrag wurde im August 2011 erstmalig erstellt und am 20.1.2024 geringfügig ergänzt.
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